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22. May 2006, 08:52   #1
Glühwürmchen
 
Registriert seit: October 2002
Beiträge: 4.319
Mehrwertsteuer

oder: was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?

Was vor den Wahlen von der SPD noch strikt abgelehnt wurde und sicher auch zu einigen der Stimmen führte, wird Anfang kommende Jahres in die Tat umgesetzt:
Von 16 auf 19% - die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik

Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, wurde unter Rot/Grün der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 53 auf 42 Prozent gesenkt.
Trotzdem werden immer mehr Firmen ins Ausland verlagert, weil "Deutschland" zu teuer ist
Eine ausgleichende Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte wird die Firmenflucht vermehren und Deutschlands Produkte immer unattraktiver machen.

Zwar wird die Arbeitslosenversicherung gleichueitig um 2 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent abgesenkt, aber auch diese Scheinentlastung wird sich nicht lange halten können, da sich der Arbeitsmarkt mit Sicherheit nicht verbessern wird.

In einem Punkt haben sie aber gut überlegt:
Das Steueloch wird von einer wachsenden Mehrheit gefüllt: Den Arbeitslosen
 
24. May 2006, 10:53   #2
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
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Beiträge: 1.018
Zitat:
Zitat von Glühwürmchen
Eine ausgleichende Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte wird die Firmenflucht vermehren und Deutschlands Produkte immer unattraktiver machen.
Die Umsatzsteuer wird nur im Inland fällig, insofern sind Exporte von ihrer Erhöhung gar nicht betroffen. Und da andererseits Konsumware im Inland ja unabhängig von ihrer Herkunft mehrwertbesteuert wird, ist es wohl auch unwahrscheinlich, daß nur deutsche Waren zum nächsten Jahreswechsel teurer werden. Zurückgehen könnte bei manchen Dingen höchstens der Absatz insgesamt, aber das beträfe dann in- wie ausländische Produkte/Unternehmen gleichermaßen. Ein Grund zur Firmenverlagerung sollte also speziell die Mehrwertsteuer(erhöhung) nicht sein.

Allerdings könnte natürlich im einen oder anderen Unternehmen - wie auch bei den Bürgern - die berechtigte Frage aufkommen, wie verläßlich Politik in Deutschland überhaupt ist und zu dem Schluß kommen, daß stimmt, was sich reimt: 'Wer hat uns verraten - ...' "Verhindern Sie die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Wählen Sie am 18. September SPD." haben sie dabei offenbar so oft auf ihre verschiedenen Websites geschrieben, daß sie es bis heute noch nicht schafften, es wieder zu löschen. Und da die entsprechende Abstimmung im bundestag eine namentliche war, kann jeder im Protokoll ab Seite 82 (3140) die Namen der Verräter nachlesen - und seinen Abgeordneten passend befragen ...

MfG
tw_24.
 
24. May 2006, 21:43   #3
Glühwürmchen
 
Registriert seit: October 2002
Beiträge: 4.319
Ich bin davon ausgegangen, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer auch dazu führen wird, dass die Arbeitnehmer mehr Lohn "verlangen", damit der gewohnte Lebensstandart nicht sinkt.
Mehr Lohn bedeutet höhere Preise der Produkte und deshalb...
Ich kann mich auch irren, wäre ja nicht das erste Mal, und "die Deutschen" verzichten auf einen Lohnausgleich, damit die Firmen im Land bleiben.

Tatsächlich wollte ich aber auch auf das Thema Deines zweiten Abschnitts lenken, was wohl nicht so deutlich erkennbar war.
Soweit ich mich erinnere, war hier das Thema "Wahlen am 18. September - Parteien und ihre Versprechen" noch interessant, als man noch glaubte, dass es einen Unterschied macht, wo man das Kreuz hinsetzt.
 
25. May 2006, 16:27   #4
tw_24
 
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Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Zitat:
Zitat von Glühwürmchen
Soweit ich mich erinnere, war hier das Thema "Wahlen am 18. September - Parteien und ihre Versprechen" noch interessant, als man noch glaubte, dass es einen Unterschied macht, wo man das Kreuz hinsetzt.
Nach Wahlen ist man natürlich immer klüger, was aber nicht lange anhält, denn sonst schafften bei der nächsten Wahl es nicht die gleichen Parteien wieder, eine Parlamentsmehrheit zu stellen. Ob sie dann auch eine Regierung bilden, ist eine andere Frage, aber daß SPD und CDU bzw. CSU (und im Osten die Linkspartei.PDS) überhaupt noch "Volksparteien" sind, liegt wohl tatsächlich an der Vergeßlichkeit der Wahlberechtigten.

Wie auch immer, Peer Steinbrück, Finanzminister und Genosse, hat natürlich im Bundestag den Wortbruch jedenfalls seiner Partei in der Frage der "Merkelsteuer das wird teuer", wie ich finde, überaus gelungen begründet:
Zitat:
Bodo Ramelow (DIE LINKE): Herr Minister, Sie sprechen von der Glaubwürdigkeit der Politik und mahnen diese Glaubwürdigkeit an. Ich möchte Sie gerne ganz persönlich fragen, wie Ihre Position und die Ihrer Partei zum Thema Mehrwertsteuererhöhung im Wahlkampf war.

Peer Steinbrück: Wenn Sie glauben, mich mit dieser Frage in Verlegenheit bringen zu können, dann täuschen Sie sich. Ich habe im Wahlkampf gesagt, dass ich eine Mehrwertsteuererhöhung in dieser Phase für konjunkturpolitisch schädlich halte. Ich sehe aber, dass dieser Nachteil abzuwägen ist gegen andere Nachteile.
Hätte die SPD nicht schon den vorherigen Finanzminister gestellt, könnte man zu dieser rhetorischen Leistung gratulieren, denn dann - aber nur dann - wäre ja möglich, daß sich nach Amtsübernahme ganz plötzlich Finanzlöcher als "größere Nachteile" im Vergleich zur Merkelsteuer mit Münte-Aufschlag auftaten.

So wie es ist, hat die SPD aber, und da helfen alle beschönigenden Worte nichts, tatsächlich ein wesentliches Wahlversprechen gebrochen, was die SPD in NRW dennoch nicht davon abhält, sich über den dortigen Ministerpräsidenten ausgerechnet mit Blick auf dessen politische Verläßlichkeit zu echauffieren. Und offenbar kommt sie mit solcher Dreistigkeit auch durch ...



MfG
tw_24
 
25. May 2006, 16:54   #5
Glühwürmchen
 
Registriert seit: October 2002
Beiträge: 4.319
Dein Zitat von Peer Steinbrück hab ich im Radio gehört und auch das anschließende schallende Gelächter der Zuhörer.
Das hat mich auch erst zu diesem Beitrag gebracht, den ich eigentlich von jemanden erwartet hätte, der mehr Ahnung von Politik hat.
Stattdessen herrschte auch nach meinem kärglichen Anfang und vor Deinem Erscheinen, tiefes Schweigen, was mich zu der Vermutung kommen lässt, dass nicht nur Politiker vergessen, was sie vor der Wahl behauptet haben, aber auch die Aussage zutrifft, dass sich keiner mukst, weil "man ja eh nichts ändern kann"
 
1. June 2006, 14:50   #6
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
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Beiträge: 1.018
Zitat:
Zitat von Glühwürmchen
Ich bin davon ausgegangen, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer auch dazu führen wird, dass die Arbeitnehmer mehr Lohn "verlangen", damit der gewohnte Lebensstandart nicht sinkt.
Ich hatte heute zufällig eine nette Plauderei mit einem Abgeordneten von der FDP. Der kopierte mir flink ein Fax von der Bundesregierung, von der er hatte wissen wollen, ob sie, die Regierung, eine Ahnung davon habe, wie sich die Mehrwertsteuererhöhung auf verschiedene Bevölkerunggruppen - Bafög-Empfänger, ALG II-Opfer, Durchschnittsrenter etc. - auswirken könne.

Die Antwort spricht, jedenfalls bezogen auf von Transferzahlungen Abhängige, Bände: "Im Bundesministerium der Finanzen wurden bisher keine Belastungsberechnungen für unterschiedliche Haushaltstypen zur Mehrbelastung durch die geplante Mehrwertsteuererhöhung durchgeführt." Weshalb? "Für eine derartige detaillierte Berechnungen ist die vorliegende Datenbasis nicht aussagekräftig".

Zumindest für Bezieher von ALG II allerdings ist das eigentlich eine glatte Lüge aus dem Finanzministerium. Beim Franz Müntefering, Chef freilich eines anderen Ministeriums, weiß man nämlich ziemlich genau, was ein ALG II-Bezieher brauchen darf. Mitte Mai kam man dort nach dem Studium Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 zu dem Schluß:
Zitat:
Die Auswertung der EVS 2003 im Rahmen der weiterentwickelten Regelsatzbemessung ergibt für Deutschland einen Regelsatz in Höhe von 345 Euro.

(BMAS - Gesamtdeutsch: Sozialhilfe und ALG II einheitlich bei 345 Euro)
Daß es sich dabei tatsächlich eigentlich um das handelt, was 2003 ein, wie es heißt, "Hilfebedürftiger [..] zur Führung eines menschenwürdigen Lebens und zur Abdeckung des sozio-kulturellen Existenzminimums" brauchte, und nicht um das, was 2006 dazu nötig ist, ist ein interessanter Nebenaspekt, aber - und das zählt in diesem Zusammenhang - für diese Menschen gibt es wohl sehr genaue Verbrauchs-/Bedarfsdaten.

Und daß diese nicht genutzt wurden, um mal nachzurechnen, wie sich die Mehrwertsteuererhöhung auswirkt, ist ein wahres Armutszeugnis, das im Grunde nur eine Deutung zuläßt: Die Bundesregierung und die sie stellenden Parteien wollen noch gar nicht wissen, wie sich ihre Politik auswirkt, obwohl sie es - wenigstens in Teilbereichen - erfahren könnten. Sie befinden sich sozusagen im Blindflug ...

MfG
tw_24
 
28. June 2006, 19:41   #7
Irata
Junge mit Mundharmonika
 
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Ort: Bonn
Beiträge: 1.367
Nach der Mehrwertsteuererhöhung folgen nun beschlossen die Kürzungen bei der Pendlerpauschale, des Sparerfreibetrag sowie eine Kürzung der Bezugsdauer des Kindergeldes. Die Einführung der Reichensteuer wird für 2008 ausgesetzt, damit die Besserverdiener in 2007 noch dieMöglichkeit erhalten, ihre Einnahmen wirksam durch ein Heer von gewieften Steuerberatern herunterrechnen zu lassen.
Offiziell liest sich das so: "Wegen verfassungsrechtlicher Risiken werden 2007 alle Gewinneinkünfte – sowohl von Selbstständigen als auch Freiberuflern – ausgenommen." Aha, da haben die Lobbyisten der Betroffenen die geschmierten Volksvertreter, die nicht selten in beratender Funktion für eben Jenige tätig sind, in die Pflicht genommen.

In den Schubladen liegen bereits die Entwürfe für eine neue Steuer.

Zitat:
Das Bundesfinanzministerium sei beauftragt worden, Modelle für eine solche Gesundheitssteuer durchzurechnen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf mehrere Vertreter der Koalition. Diese Gesundheitssteuer könnte zum Beispiel am gesamten Bruttoeinkommen der Bürger anknüpfen. Denkbar sei, auf Einkünfte der Bürger einen Aufschlag zu erheben.
Über Soli und den einschneidenen Maßnahmen im Gesundheitswesen regt sich kaum mehr einer auf, da momentan die noch zu erwartenden Belastungen auf die noch Arbeitsschaffenden lawinenartig zurollen.

Ist es eigentlich verständlich, dass mehrere Millionen in Public-View-Zonen zu bestimmten Spielen sich zusammenfinden, jedoch nicht den Arsch hochbekommen wenn es darum geht den Volksvertretern zu zeigen, was sie von der tendenziellen Volksauspressung halten?
 
Antwort

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